Kleingartenanlage "Alt-Rosenthal" e.V.

Dieser Beitrag wurde verfasst von:

Für den Inhalt dieses Beitrags ist ausschließlich der Verfasser verantwortlich.

Zum Beitrag des Verfassers
Verfasst am 19.01.2024 um 11:34 Uhr

Klares Bekenntnis für einen Neuanfang - Pankower Delegierte stimmen für den Erhalt ihres Bezirksverbands und bereiten Neuwahlen vor   


[Auszug aus dem Berliner Gartenfreund, Januar 2024, Seite 22-23]    


Die Delegierten zum außerordentlichen Verbandstag des Bezirksverbands Pankow haben
die Weichen für die Zukunft gestellt. Fast einstimmig sprachen sie sich am 30. November
2023 für den Erhalt des Bezirksverbands Pankow aus und beschlossen Maßnahmen für
seine Sanierung. Darüber hinaus soll der Verbandsbeitrag ab Januar auf 70 Euro gesenkt
werden.


Knapp 40 Frauen und Männer hatten sich an diesem eisigen Abend vor den Toren des
Verbandshauses eingefunden. Mit Pfiffen und Sprechchören drückten sie aus, was viele der
über 5000 Kleingärtnerinnen und Kleingärtner des Bezirksverbands Pankow seit Monaten
bewegt: Enttäuschung und Wut haben sich angestaut, seitdem die Zahlungsunfähigkeit
aufgrund jahrelanger Misswirtschaft bekannt wurde. Wie zahlreiche Gartenfreunde sind sie
verärgert darüber, dass die Aufklärung über die Ursachen der größten Krise des Verbandes
nur langsam voranzukommen scheint, und sorgen sich um die Zukunft ihrer Kleingärten.


Es geht um Zukunft des Verbandes
Nicht nur wütend zu sein, sondern das Schicksal ihres Bezirksverbands aktiv und konstruktiv
in die Hände zu nehmen, war derweil das Anliegen der Vertreterinnen und Vertreter der
Pankower Kleingartenvereine, die zum außerordentlichen Verbandstag im Saal des
Verbandshauses zusammengekommen waren. Als Delegierte wollten sie um Lösungen für
die entstandenen Probleme ringen und den verbliebenen Vorstandsmitgliedern kritische
Fragen stellen. Vor allem aber lautete ihr Auftrag, über die weitere Zukunft ihres
Bezirksverbandes zu entscheiden. Im Bericht des Vorstandes stellte Versammlungsleiter
Rolf Müller den Delegierten zunächst die aktuelle Situation im Insolvenzverfahren dar.
Nachdem der Bezirksverband im Sommer 2023 seine Zahlungsunfähigkeit eingeräumt hatte,
war am 1. September das Insolvenzverfahren eröffnet und Prof. Dr. Torsten Martini zum
Insolvenzverwalter bestellt worden. In einem 41-seitigen Bericht hatte er im Oktober die
finanzielle Situation des Verbandes dargestellt und die Ursachen für die wohl schwerste
Finanzkrise im Berliner Kleingartenwesen benannt (Gartenfreund 12/2023).


Die Verwaltung sämtlicher Vermögenswerte und Verbindlichkeiten erfolge jetzt durch den
Insolvenzverwalter, erläuterte Rolf Müller. Als „der Neue“ im Vorstand arbeitet er erst seit
wenigen Monaten daran mit, den Geschäftsstellenbetrieb aufrechtzuerhalten. „Trotz der
existenziellen Krise des Bezirksverbandes müssen auch weiterhin beispielsweise
Pächterwechsel abgewickelt und Bauanträge bearbeitet werden“, beschrieb er einen Teil des
Aufgabenfeldes, das er und die drei verbliebenen Mitglieder des vormals siebenköpfigen
Vorstands mit Unterstützung mehrerer Gartenfreunde täglich abarbeiten.


Vor allem gehe es darum, dass nach dem Schuldenschnitt im Sommer die Gelder wieder
fließen und die laufenden Ansprüche fristgerecht befriedigt werden. Oberstes Gebot seien
jetzt Transparenz und Sicherheit des gesamten Zahlungsverkehrs. „Die Zahlungen, etwa für
Pachten, Grundsteuer und öffentlich-rechtliche Lasten, werden gegenwärtig ausschließlich
über Treuhandkonten des Insolvenzverwalters abgewickelt“, so Müller. Unter Berufung auf
ein Schreiben des Insolvenzverwalters an die Pankower Kleingärtnerinnen und Kleingärtner

versicherte er, dass auch die Pachtzahlungen für das kommende Jahr auf einem eigens
dafür eingerichteten Treuhandkonto verbucht und von dort aus an die Verpächter
weitergeleitet werden. So werde sichergestellt, dass die Pachtgelder nicht mit der
Insolvenzmasse vermischt werden.


Vorbereitung auf Neubeginn
Im Auftrag des Insolvenzverwalters und in Abstimmung mit ihm würden derzeit die
Rechnungen an die Vereine für das kommende Jahr erstellt, damit die Liquidität im
laufenden Betrieb gewährleistet ist und die Forderungen der Grundstückseigentümer und
öffentlich-rechtlichen Dienstleister erfüllt werden können. „Unser Ziel muss sein, nach
Abschluss des Insolvenzverfahrens einen guten Übergang hinzubekommen und sofort
arbeitsfähig zu sein“, fasste Müller zusammen und äußerte die Hoffnung auf den
erfolgreichen Abschluss des Insolvenzverfahrens im Frühjahr 2024. Dann sei ein Neuanfang
für den Bezirksverband möglich.


Vertrauen sorglos verspielt
Weitaus schwerwiegender als der wirtschaftliche und finanzielle Schaden für die Pankower
Kleingärtner, der sich nach gegenwärtigen Schätzungen im oberen sechsstelligen Bereich
bewegen soll, sei der Vertrauensverlust in den Vereinen. „Darum ist es unbedingt nötig, die
Ursachen und Entwicklungsstrukturen aufzuklären, einen kompletten personellen Neuanfang
zu machen und Regelwerke zu schaffen, die eine Wiederholung ausschließen“, leitete Rolf
Müller zur Aussprache über.


Mehrere Rednerinnen und Redner, die das Wort ergriffen, bestätigten den schweren
Vertrauensverlust, den die Enthüllungen über das vom gesamten Vorstand zu
verantwortende Finanzgebaren verursacht haben. Insbesondere kritisierten sie, dass die
vorgeschriebene regelmäßige Rechnungsprüfung nicht erfolgt sei. Die Unterlagen, stellte
sich heraus, hatten bei unangemeldeten Kontrollen mehrfach nicht zur Verfügung gestanden
und die Prüfer hatten sich wiederholt mit Ausreden abspeisen lassen. Dennoch wurden bis
zum Jahr 2020 die Finanzberichte des Bezirksverbandes stets bestätigt. „Wie konntet ihr
jemals den Vorschlag unterbreiten, dem Vorstand Entlastung zu erteilen?“, empörte sich eine
Delegierte, an alle Anwesenden gewandt.


Eine weitere Delegierte bekannte, in der Vergangenheit insbesondere der zunehmend alleine
und am Vorstand vorbei agierenden ehemaligen Vorsitzenden viel zu lange blindes
Vertrauen geschenkt zu haben. „Wir haben doch nur zu sehen bekommen, was sie zu zeigen
bereit war, und haben viel zu wenig hinterfragt“, sagte sie und ergänzte selbstkritisch: „Wir
haben alle geschlafen. Diesen Vorwurf muss auch ich mir machen.“


Nun geht der Blick nach vorn
Statt länger anzuklagen, darüber waren sich die meisten Delegierten einig, sollten die
Pankower Gartenfreunde nun nach vorne schauen und mit Umsicht, Vertrauen und einer
gehörigen Portion Skepsis darangehen, ein neues Kapitel in der Geschichte ihres Verbandes
aufzuschlagen. Mit Spannung wurde deshalb der Abstimmung über insgesamt acht Anträge
entgegengesehen, die mehrere Vereine eingereicht hatten.


Als erstes hatten die Delegierten über die grundsätzliche Frage zu entscheiden, ob sich die
im Bezirksverband Pankow der Gartenfreunde organisierten Vereine zum Erhalt ihrer
Organisation bekennen. Nicht zuletzt der Insolvenzverwalter hatte dies als Voraussetzung
herausgestellt, das Insolvenzverfahren zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen. Mit
sehr großer Mehrheit stimmten die Delegierten nach längerer Diskussion für den Erhalt

des Verbands. Außerdem verabschiedeten sie noch sechs weitere Anträge, mit denen der

personelle und strukturelle Neuanfang gelingen soll (Kasten rechts). Lediglich ein Antrag

zur solidarischen Beteiligung von Mitgliedsvereinen, die aufgrund ordnungsgemäß

 überwiesener Pachten keine freiwillige nochmalige Zahlung leisten mussten, fand keine

Mehrheit.


Weitere Unterstützung zugesichert
Präsident Gert Schoppa, der während des Verbandstags als Gast zusammen mit
Vizepräsident Dr. Norbert Franke und dem Verbandsjuristen Klaus Kuhnigk den
Landesverband Berlin der Gartenfreunde vertreten hatte, wertete die Beschlüsse der
Pankower Vereine als Zeichen der Bereitschaft, den Verband wieder in ein ruhiges
Fahrwasser zu bringen. „Unternehmt alles Notwendige, um die Verursacher der Situation in
die Haftung zu nehmen, aber deckt vor allem die Ursachen auf, damit sich so etwas nie
wiederholt“, wandte er sich an die Delegierten. Ein transparentes und demokratisches
Vorgehen vorausgesetzt, könne der Bezirksverband Pankow auch weiterhin mit der
Unterstützung des Landesverbands und der anderen Bezirksverbände rechnen, gab er den
Delegierten mit auf den Weg.


Elke Binas, Verlag W. Wächter